Carsten – Leidenschaft und Engagement in allen Lebenslagen: beim Scannen, Musizieren und im Ehrenamt
Zu einer neuen Folge Menschen@IMTB treffen wir in unserem Berliner Büro unseren Kollegen Carsten Jenß. Carsten ist Fachthemenmanager für Digitale Services, und Experte für alles rund um die Themen Scannen, elektronische Signaturen und elektronische Siegel. Darüber hinaus ist er derjenige Kollege, der sich bei unseren Teamwochenenden auf Usedom schon mal spontan an den Flügel setzt und unser Beisammensein mit Musik untermalt.
Hallo Carsten, schön, dass wir Dich zum Gespräch treffen dürfen. Du bist einer unserer besonders erfahrenen Scan-Experten. Wie kam es dazu, dass du diese Expertise erworben hast?
Das hat 1997 angefangen. Ich arbeitete bei einem Hersteller von Dokumentenmanagementsystemen (DMS). Randthema war damals schon das Einscannen von Post und das Erkennen von Dokumenten. Es gab da einen Mitarbeiter, mit dem ich mich sehr gut verstanden habe, den nannten alle Dr. TIFF, denn er konnte TIFF-Dateien hexadezimal lesen. Das kann ich zwar bis heute nicht, aber er hat mich auf diese Weise mit dem Thema Scannen angefixt.
Und seitdem bist du im Thema unterwegs?
Das kam etwas später. Eigentlich komme ich aus der Ecke Dokumenten- und Workflowmanagement-Systeme, was man im Behördenumfeld „E-Akte“ nennt. Ich war bei Softwareanbietern als IT-Projektleiter tätig. Im Jahr 2009 habe ich aber in einer Berliner Zeitung eine Stellenanzeige gelesen, bei der es um den Aufbau einer Scanstelle für Menschen mit Behinderung ging. Ich habe mich beworben, bin genommen worden und war damit ganz schnell aus meiner fränkischen Heimat hier in Berlin gelandet. So fing das an.
Dieser Job endete 2013. Da war die Arbeit getan und ich war zum ersten Mal in meinem Leben drei Monate arbeitslos. Und Arbeitslosigkeit halte ich ja menschlich ganz schlecht aus. Ich habe damals gedacht: „Was kannst du? Was hast du?“ und habe meine Firma „YesWeScan“ gegründet.
Du hast Dich dann trotzdem wieder für den ersten Arbeitsmarkt entschieden…
Ich habe mich weiterhin beworben und dann wieder Arbeit bei einem Softwareanbieter für elektronische Signaturen und Siegel bekommen. Später bin ich dann wieder zum Dokumentenmanagement zurückgewechselt und habe bei einer Firma gearbeitet, die ein DMS anbietet, welches auch in der öffentlichen Verwaltung eingesetzt wird. Als IT-Projektleiter war ich dafür verantwortlich, dass das Projekt im Zeit- und Kostenrahmen fertig gestellt wurde – und teilweise war ich auch fürs Geld eintreiben verantwortlich. (lacht)
Du hast ja durchaus eine Weile Berufserfahrung: Was sind für dich die markantesten fachlichen Änderungen seitdem Du Dich mit dem Thema Scannen beschäftigst?
Von der reinen Scan-Thematik her passiert nicht mehr allzu viel. Die Scanner werden schneller, die Scanner werden besser. Sie können heute automatisch ausrichten, was früher noch nicht ging. Also Papier, welches krumm eingezogen wurde, können manche Scanner geraderichten. Sie erkennen auch mittlerweile Tackerklammern, das heißt man vermeidet Gerätebeschädigungen.
Was mich immer noch fasziniert, ist die Mischung aus Elektronik, Software und Physik, denn es geht ganz viel um Optik. Wer schon mal einen Tagesschausprecher mit einer schlechten Krawatte gesehen hat, der kennt den Moiré-Effekt, so ein komisches Bildschirmflackern auf der Krawatte. Da überlagern sich zwei Muster und gleiches passiert auch beim Scannen. Sollte man tunlichst vermeiden. Das ist für mich die Herausforderung.
War es für Dich eine besondere Herausforderung, als Du die Inklusions-Scanstelle eingerichtet hast?
Auf jeden Fall. Ich habe zu der Zeit in Straubing gearbeitet und wir waren im Februar im Urlaub in Berlin. Ich habe dort eine Zeitung gekauft. Die lungerte bis April in meinem Auto rum. Und dann habe ich das Auto aufgeräumt, die Zeitung gefunden, die Stellenanzeige gesehen und habe gedacht: „Das probierst du einfach mal.“ Ich bin da relativ spontan. Und wie gesagt: ich wurde genommen.
Ich hatte dort vollkommen freie Hand, was ich tue. Aber es gab natürlich einen Vorgesetzten, der mir ein Budget gegeben hat. Ich habe damals gesagt: „Ich glaube, ich brauche jetzt erstmal eine Weiterbildung, wie man mit behinderten Menschen umgeht.“ Aber er meinte: „Du hast so viel Musik- und Bühnenerfahrung, das machst du jetzt mal nicht. Verlass dich auf den Bauchgefühl.“ Das habe ich dann getan – und es hat funktioniert.
Menschen mit Behinderung sind genauso gute Arbeitskräfte wie Menschen ohne Einschränkungen. Man muss eben auf ihre individuelle Einschränkung eingehen und schauen, wie man diese kompensieren kann. Ich habe zweimal Scanstellen in Inklusionsbetrieben eingerichtet. Einmal für die Alexianer und später für die Johannesstift-Diakonie. Die Dankbarkeit dieser Menschen, dass sie Arbeit bekommen, dass sie auf dem ersten Arbeitsmarkt beschäftigt sind, dass sie eigenverantwortlich in die Renten- und Sozialversicherung einzahlen. Das ist unglaublich!
Du hast vorhin gesagt, dass dein Chef zu dir gesagt hat, du hättest so viel Musik- und Bühnenerfahrung. Was hat er damit gemeint?
Ich habe auf eigenen Wunsch mit fünf Jahren begonnen, Akkordeon zu lernen. Ich habe das wohl mal irgendwo gesehen und ein Nachbar spielte auch Akkordeon. Klein-Carsten wollte das dann auch. Meine Eltern haben es mir Gott sei Dank ermöglicht, obwohl damals das Geld noch ein bisschen knapp war. Ich bekam erst einmal ein Leihakkordeon, denn kaufen war noch nicht drin. Mit dem kleinen Leihakkordeon habe ich angefangen und dann wurde es immer mehr. Ich werde nächstes Jahr 60 und spiele seit 55 Jahren Akkordeon, und das einfach mit Leidenschaft. Ich spiele Jazz. Ich spiele im Akkordeon-Orchester klassische Musik. Im Akkordeon-Ensemble habe ich Volksmusik gemacht. Ich war Alleinunterhalter mit dem Keyboard. Zurzeit spiele ich auch noch in der Cover-Rock-Band „Faltenrock“. Wir haben nämlich alle schon Falten und spielen Rock. Und die Webseite www.faltenrock.de war tatsächlich frei. So entstand der Bandname.
Und wie oft trittst Du auf?
Es ist weniger geworden. Ich habe früher als Alleinunterhalter in Bayern bis zu 100 Auftritte im Jahr gemacht. Jedes Wochenende zwei Mal: Freitag, Samstag mal Biergarten, mal Hochzeit, Firmenfeiern, was auch immer. Das würde ich heute körperlich nicht mehr schaffen. Wir mussten das sogar steuerlich anmelden.
Aber durch das Geld, das ich dort eingenommen habe, konnte ich mir einen Traum verwirklichen. Ich konnte mir die alten Synthesizer kaufen, von denen ich früher geträumt habe. Meistens kaufe ich mir im Herbst irgendetwas Kaputtes und über den Winter repariere ich es dann, setze es wieder instand. Und so entsteht langsam mein kleines Museum. Ich kümmere mich auch jetzt schon um mein Ableben. Klingt albern, aber die ganzen Geräte gehen danach ins Musikinstrumentenmuseum Berlin. Mit denen habe ich gesprochen. Die waren bei mir, haben sich das angeschaut und haben gesagt, sie nehmen die ganze Sammlung.
Du hast gesagt, Du präparierst und setzt Instrumente instand. Du hattest uns vorher schon verraten, dass Du das nicht nur für Deine Sammlung machst, sondern auch ehrenamtlich.
Ich spiele in Berlin im Akkordeonorchester Berlin e.V. Dieses Akkordeonorchester ist – wie viele andere auch – Mitglied im Deutschen Harmonika-Verband. Deutscher Harmonika-Verband Landesverband Berlin e.V. ist die korrekte Bezeichnung. Das war hier in Berlin eine lose Ansammlung von Menschen und wir haben es in einem Kraftakt zu einem gemeinnützigen Verein gemacht, so dass wir jetzt auch in der Lage sind, Spendenquittungen auszustellen sowie Spendengelder und -instrumente entgegenzunehmen. Mit dem Geld wollen wir versuchen, das Selbst-Musizieren und das Spielen für Jugendliche, welche die finanziellen Mittel nicht haben, aber auch für Senioren zu ermöglichen.
Da stellt ihr Akkordeons zur Verfügung?
Ja, wenn wir Instrumente haben, können wir diese an die Spielenden in den Orchestern verleihen. Das tun wir auch. Es kommt auch vor, dass ein geflüchtetes Kind aus der Ukraine kommt, welches dort Akkordeon gespielt hat und das Instrument natürlich nicht mitnehmen konnte. Dann können wir Instrumente zur Verfügung stellen.
Wenn wir gebrauchte Instrumente bekommen, arbeite ich sie auf. Ich mache das, was ich kann, also Abdichtungen und Optik und all diese Sachen. Zum Stimmen allerdings fehlt mir das Werkzeug. Hierfür kooperieren wir in Berlin mit der Firma Akkordeon Centrum Brusch, die auch bei uns Mitglied sind.
Was bedeutet Dir das gemeinsame Musizieren?
Ich bin ja in Bayern aufgewachsen, genauer gesagt in Franken, und dort sind, Gott sei Dank, Hausmusik und gemeinsames Musizieren immer noch verbreitet. Und gerade an Weihnachten wird das wieder hervorgekramt, weil es draußen kalt und usselig ist. Da sitzt man drinnen zusammen und musiziert miteinander. Ich finde es ein bisschen schade, dass wir das in Berlin kaum haben. Ich glaube auch nicht, dass wir es schaffen werden, dass das kommt. Aber wünschen würde ich mir trotzdem, dass Menschen wieder zusammensitzen, dass sie gemeinsam musizieren und dass sie dadurch vielleicht auch innerlich etwas ruhiger und zufriedener werden in diesen verrückten Zeiten.
Du hast ja auch für unsere Weihnachtskarte die Musik auf dem Akkordeon eingespielt. Schön, dass du dich dazu bereiterklärt hast.
Ich mache das einfach gerne und auch schon lange. Trotzdem war ich aufgeregt, weil solo macht man eine Aufnahme eher selten. Im Ensemble und dann im Orchester kannst du dich immer noch ein bisschen verstecken.
Danke, lieber Carsten für das wunderbare Gespräch und Deine musikalischen Aktivitäten. Wir wünschen Dir eine harmonische Vorweihnachtszeit, im doppelten Sinne.